Wem gehört der Wald? Exkursion des Bio-Leistungskurses
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- Veröffentlicht: Sonntag, 29. März 2020 16:11
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Biologie hautnah – so oder so ähnlich könnte man unsere Exkursion am 10.03.2020 beschreiben. Passend zu unserem derzeitigen Thema „Photosynthese“ und zu dem Thema „Ökosystem Wald und Wiese“, welches uns als nächstes erwartet, begaben wir uns in den Nachmittagsstunden des 10.03. in das Naturschutzgebiet Tillenberge. Das Naturschutzgebiet, welches an dem Vechtearm zwischen Nordhorn und Brandlecht zu verorten ist, war uns allen eigentlich gut bekannt. Ob mit dem eigenen Hund und der Familie, mit Freunden oder einfach um den Kopf freizubekommen, jeder hat schon einmal einen Blick hineingewagt. Trotzdem trafen wir alle pünktlich um 14 Uhr, natürlich mit Regenklamotten, Gummistiefeln und allerhand Materialien ausgestattet, am Treffpunkt ein. Zwar ließ das Wetter ein wenig zu wünschen übrig, jedoch haben wir uns davon nicht von unserem Vorhaben abbringen lassen, denn wie Frau Munk zu sagen pflegt: „Echte Biologen kennen keinen Schmerz!“. Schließlich wollten wir ja nicht umsonst den warmen und sauberen Biologieraum verlassen haben. Zusätzlich zu einer sehr motivierten Frau Munk, Frau Böckmann und uns Schülern war Carl Hesebeck vor Ort. Aufmerksamen GN-Lesern dürfte dieser Name schon aus einigen Zeitungsartikeln zum Thema Ökologie und Forstwirtschaft bekannt sein. Der studierte Forstwirtschaftler und derzeitige Försteranwärter führte uns ein wenig in die Besonderheiten des Naturschutzgebiets, das all die Jahre direkt vor unserer Nase schlummerte und seine Geheimnisse verbarg, ein.
Unsere Führung startete in der Heidelandschaft der Tillenberge. Heiden gehören zu den ältesten und reizvollsten Kulturlandschaften Nordwesteuropas. Gleichermaßen gepflegt bzw. im Zaum gehalten von Menschen und Schafen, findet man in der Heide der Tillenberge vor allem Kiefern und Birken. Zudem wachsen in der Heidelandschaft des Naturschutzgebiets auch Wacholderbüsche, die allgemein nur noch sehr selten anzutreffen sind, weswegen die zuständigen Förster sehr um den Schutz dieser alten Büsche bemüht sind. Die Beeren des Wacholderbusches werden in unserer Region zu Großteilen für die Herstellung von Wacholderschnaps verwendet. Die Feinbrennerei Sasse, die den “Grafschafter Kräuterwacholder” herstellt, unterstützt den Wacholderanbau durch Spenden, die gesammelt werden, um Naturschutzprojekte in der Region zu finanzieren. Wir wurden übrigens ebenfalls subventioniert: Unsere Exkursion machte - sehr zu unserer Freude - der Förderverein des Gymnasiums Nordhorn möglich!
Entlang des Weges, der durch die Landschaft der Tillenberge führt, kann einem durchaus auch eine doch sehr wild gewachsene Pflanze ins Auge springen. Die spätblühende Traubenkirsche, so Carl, kommt ursprünglich gar nicht aus unserer Region. Sie wurde hier gepflanzt, um das saure Bodenmilieu, welches vor allem durch den Nadelbaumbewuchs entsteht, auszugleichen. Die spätblühende Traubenkirsche, die ursprünglich aus Nordamerika stammt, ist zwar sehr robust und erfüllt grundsätzlich auch erst einmal ihren Zweck, die Bodenqualität zu verbessern, jedoch bringt sie auch einige Probleme mit sich. So ist sie vor allem sehr hartnäckig, da sie sich nicht ohne Weiteres und schon gar nicht ohne Spuren entfernen lässt. Die Traubenkirsche vermehrt sich über die Verbreitung ihrer Samen, genauer gesagt über Endochorie – Die Samen der Pflanze werden von Tieren gefressen und an einem anderen Ort wieder ausgeschieden, an dem die Traubenkirsche dann wieder wachsen kann. Ein echtes Problem, wie uns spätestens dann klar wurde, als uns die Traubenkirsche über den Zaun am Wegrand vermehrt ihre wildwuchernden Zweige entgegenstreckte!
Nach einem Spaziergang durch die Heide fanden wir uns in einem der wenigen Auwälder Niedersachsens wieder. Egal ob künstlich angepflanzt, wie hier im Naturschutzgebiet, oder natürlich entstanden, Auwälder zählen zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften in Mitteleuropa. Allgemein zeichnen sich Auwälder durch eine typische Artenzusammensetzung aus. Häufig findet man Erlen-Eschen-Wälder, da diese die regelmäßigen Überflutungen, die ebenfalls charakteristisch für einen Auwald sind, standhalten können. Der Auwald in den Tillenbergen liegt direkt am Vechtearm, wodurch die nährstoffreichen Böden begünstigt werden. Durch die regelmäßig steigenden Wasserstände können weitaus mehr Nährstoffe als in anderen Landschaften transportiert werden und sich letztendlich auch im Boden durch die Versickerung des Wassers anlagern. Schaut man nicht nur nach vorne während des Laufens, sondern auch nach unten, fällt außerdem auf, dass es in Auwäldern eine üppige Krautschicht gibt. Schon der ein oder andere Frühblüher war zu erkennen.
Aber wem gehört eigentlich Wald? Grundsätzlich ist es so, dass jeder Wald besitzen kann, sofern er es wünscht. In Deutschland wird grundlegend erst einmal zwischen Privat-, Land- und Bundeswald unterschieden. Würden wir uns als Kurs jetzt ein Stück Wald zulegen, in dem wir es z.B. der Stadt Nordhorn abkaufen, würde dieser Wald unter die Kategorie Privatwald fallen. Man mag es zwar nicht meinen, aber rund 13% der gesamten Fläche in der Grafschaft Bentheim ist von Wald bedeckt. Im Bundesland Niedersachsen sind es rund 25%. Im europäischen Vergleich ist Deutschland sogar eines der waldreichsten Länder. Knapp ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands ist mit Wald bedeckt.
Nach einer sehr lehrreichen Führung durch die Landschaften des Naturschutzgebiets Tillenberge, in dem man praktisch den typischen Querschnitt einer Flusslandschaft am eigenen Leibe erleben kann, war unserer Exkursion aber noch kein Ende gesetzt. Weiter ging es in einem kleinen Privatwald, für den Carl zuständig ist. Dort hieß es dann, selbst Hand anzulegen. Nach einer kurzen Demonstration von Carl, während der er Werkzeuge (ein Schweizer Gertl und eine Heppe) vorführte, mit denen früher, bevor es allerhand Maschinen gab, die die menschliche Arbeit unterstützen, gearbeitet wurde, durften wir selber tätig werden. In kleineren Gruppen entnahmen wir nun Bodenproben, testeten die Versickerungsrate und die Licht- und Temperaturverhältnisse an verschiedenen Standorten und maßen die Höhe von Bäumen - Ökologie pur! Die Zeit währenddessen verging wie im Flug, obwohl sich das Wetter nicht unbedingt gebessert hat.
Nach insgesamt drei Stunden neigte sich die Exkursion dann ihrem Ende zu. Nass, aber vor allem vollgepackt mit neuem Wissen und Erfahrungen der etwas anderen Art ging es wieder zurück nach Nordhorn. Nicht nur mit Bodenproben, sondern auch mit vielen Antworten auf unsere Fragen ausgestattet, gingen wir aus dieser Exkursion heraus. Ein voller Erfolg! Und wer weiß, vielleicht betrachten wir die Landschaften in unserer Umgebung nun aus einem ganz anderen Blickwinkel. (Lene Strootmann)