"Drachenburger" - Alte Sage im Dienste moderner Politschelte
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 06. Juni 2013 15:46
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Konrad Riggenmann hat ein altes Sagenmotiv – Drache fordert Jungfrauentribut – zu einer pauschal-milden Politsatire verarbeitet: „Drachenburger“. Mit dieser vergnüglichen Petitesse punktete die Theater-AG des Gymnasiums Nordhorn unter der Leitung von Ulla Ribbink und Inga Brookmann in der (leider nur halb vollen) Gymnasialaula. Über 20 engagierte und begeisterte Schüler-Mitwirkende hatte die kleine Bühne zu verkraften, was sie bei Inanspruchnahme des ganzen Saales auch leistete. Amüsiert und lachend konnte das Publikum beobachten, wie die tricksende Hinterzimmerpolitik und der Krämergeist der Wirtschaft eine unheilige Allianz eingingen, die selbstverständlich auch Leid-, das heißt Kostentragende hatte, nämlich die arme Bevölkerung.
Die politischen „Eliten“ – sprich: Fürst (Simon-Luca Papendorf), Wesir (Maik Sillies) und Sekretär (Marvin Bült) – halten sich einen Furcht einflößenden Drachen, der einmal pro Jahr Tribut gegen Verschonung der Stadt einfordert: eine Siebzehnjährige (Bedingung: Jungfrau). Folge: Per Gesetz und Theorie kommen alle Siebzehnjährigen in Frage (es ist eine Sage), auch die drei Töchter der drei Elite-Politiker (Juwelia: Marlen Arends, Rubinia: Rebecca Lögers da Silva, Safiria: Melanie Brockmann). Die drei Herren kommen plump-gewitzt überein, ihre drei Töchter herauszumauscheln, indem sie sophistisch das Naturrecht gegen das Staatsrecht ausspielen. Damit wären – wie immer – drei arme Mädchen aus dem Volke im Lostopf: die kecke und fäkalienstarke Ofelja (Mareen Nykamp) und die beiden braveren Afanja (Mareen Wassink) und Filinja (Mascha Reuvers).
Die Perfidie der Großkopfeten besteht nicht nur darin, ihre eigenen Töchter raushalten zu wollen, sondern auch darin, dass sie den Deal mit dem Drachen benutzen, um das Volk gefügig zu machen und den Geschäftsleuten von Drachenburg durch die Vermarktung des Drachen (Julia Henkenborg) eine gute Einnahmequelle zu verschaffen: Metzgerin (Anne-Roos Lieven), Händlerin (Lea Oude Enkberink), Wäscherin (Eva-Lilly Zare). Weil die Manipulation des Lostopfes misslingt, steht auf einmal auch Juwelia als Drachenfutter zur Verfügung. Ausweg: Wenn ein Held den Drachen töten würde (was hoffentlich nicht passieren wird!), dürfte er zur Belohnung Juwelia heiraten und den Fürstenschatz ernten.
Besonders erheiternd war die Drachenkampfszene: Eine „Ansagerin“ (Francisca Ribeiro) schilderte in der dramatischen Manier eines Radiosportreporters den – nicht sichtbaren – Kampf, der durch die Bahren-Ankunft der drei Drachenköpfe gekrönt wurde (tragende Rollen: Coline Junghans, Philip Schrigten). Die Pflegerin (Rebecca Engel) hatte ihr Tun. Die Großkopfeten, einschließlich Fürstin (Hiba Said), mussten abtreten. Werbeeinlagen (Gia Linh Banh) und Lottoanklänge waren weitere spaßige Einfälle. Die Beleuchtung steuerte Ali Cankaya.Es war ein pointierter Spaß mit viel kritischem Hintersinn, sehr gut ausgesucht fürs Schülertheater. (Bernd Durstewitz)
Der Förderkreis unterstützte die Probenarbeiten mit einem Zuschuss in Höhe von rund 300,- EUR.