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Veröffentlicht: Donnerstag, 14. August 2025 07:27
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Am 5. Juni 2025 unternahmen die Deutsch-Leistungskurse der Q1/2 in Begleitung von Frau Hilbers und Herrn Krol einen abwechslungsreichen Tagesausflug nach Münster und in die Umgebung der Universitätsstadt, der etwas münsterländische Kulturgeschichte, freie Stadterkundung und ein gemeinsames Theatererlebnis verband. Der Tag war nicht nur informativ, sondern auch eine willkommene Abwechslung vom Schulalltag.
Annette von Droste-Hülshoff, ihre Zeit und ihre Lebenswelt
Der Vormittag begann mit dem Besuch des Hauses Rüschhaus (Nähe Nienberge), ab 1826 Wohnsitz der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848). Eine informative Führung bot uns Einblicke in das Leben der Dichterin sowie in die Lebenswelt des westfälischen Adels im 19. Jahrhundert. Besonders eindrucksvoll war das kleine Arbeitszimmer – die Autorin nannte es ihr Schneckenhaus –, in dem viele Gedichte Droste-Hülshoffs sowie z. B. ihre bekannte Novelle Die Judenbuche entstanden sind. In dieses ländliche Anwesen musste Annette mit ihrer Mutter und ihrer Schwester ausweichen, nachdem ihr Bruder Werner-Constantin Freiherr Droste zu Hülshoff nach dem Tod des Vaters den Familiensitz, die Burg Hülshoff, übernommen hatte.
Diese besichtigten wir anschließend dann auch noch. Die Burg Hülshoff ist der Geburtsort der Schriftstellerin und ihrer drei Geschwister. Auch hier wurde die Geschichte der Familie Droste-Hülshoff anschaulich vermittelt, was bei vielen auf echtes Interesse stieß. Genannt seien die große Bibliothek, in der wir tatsächlich auch die Geschichte der vormaligen Grafschaft Bentheim von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage von Johann C. Möller aus dem 19. Jahrhundert fanden, sowie das opulente Esszimmer. Hier findet man in einem der Fenster übrigens einen Schiller-Vers über die Freiheit eingeritzt, dem Ausstellungsguide zufolge eine Tat der damals schon aufmüpfigen und nach Freiheit und Selbstentfaltung drängenden Annette.
Buntes Treiben in Münster
Nach dem kulturellen Einstieg hatten alle Teilnehmenden rund sechs Stunden Freizeit in der Innenstadt von Münster. In Kleingruppen wurden Sehenswürdigkeiten wie der Dom, der Prinzipalmarkt, das Picasso- oder das Naturkundemuseum erkundet, manche gingen essen, andere gingen shoppen. Wieder andere lauschten während eines beeindruckenden Orgelkonzerts Bachs Toccata und Fuge in d-Moll (BWV 565) in der Lambertikirche. Trotz dieser längeren Zeit zur freien Verfügung verlief alles reibungslos und die vereinbarten Treffpunkte wurden zuverlässig eingehalten.
Im Theater
Am Abend besuchten wir gemeinsam das Theater Münster. Auf dem Spielplan stand Heinrich von Kleists Dramenklassiker Der zerbrochne Krug (uraufgeführt 1808, Weimar). Und diese moderne Inszenierung von Wilke Weermann hatte es in sich. Auffällig war bereits das Bühnenbild: Wände in einem steril glitzernden Silber gehalten, wirkte bereits das Ambiente kalt und abweisend. Hierzu trugen auch zwei überdimensionale weibliche Torsi bei, aus deren Brüsten später sogar Milch springbrunnenartig heraussprudelte. Wer hier also die Justitia erwartet hatte, mit verbundenen Augen, um ohne Ansehen der Person und nur das Rechtsgut abwägend sich auf die Suche nach dem Recht zu machen, der konnte bereits hier ahnen, dass eine Justiz gezeigt würde, die dem Menschen und seinem Rechtsfindungsbedürfnis abgeneigt ist und sich stattdessen korrumpieren lässt bis an die Grenzen des Erträglichen. Und darüber hinaus.
Tatsächlich gliederte sich das Stück, dessen Handlung bekannt sein dürfte, mühelos in diese Szenerie ein. Alle am Schauspiel Beteiligten sind in kalte Blautöne gekleidet. Es wird schon deutlich herausgestellt, dass der Richter Adam den Krug zerbrochen und sich zudem an Eve vergangen hat, deren Stillschweigen über die Tat er im Anschluss von ihr erpresst, und zwar durch ein – vermeintliches – Freistellungsattest vom Wehrdienst für Eves Verlobten Ruprecht. Allein, die faktengestützte Wahrheitsfindung scheint in dieser entmenschlichten Gerichtsshow geradezu irrelevant. Zerfleischt wird nämlich in einer recht gruseligen Szene der längst als unschuldig erkannte Ruprecht, der auch vorher (Elektroschocks) und im Anschluss (Erschießen) die volle Härte der Gerichtsbarkeit zu spüren bekommt.
Diese Verdrehung des Schlusses im Vergleich zur literarischen Vorlage ist im Anschluss der Hauptdiskussionspunkt beim Warten auf den Bus: Hier wird ein vollkommen entmenschlichter Justizapparat gezeigt, kalt, empathielos, korrupt, zynisch und ungezügelt in der Ausübung der eigenen Macht, insbesondere zum eigenen Vorteil. Was Heinrich von Kleist zu dieser Aufführung wohl gesagt hätte?
Insgesamt war der Ausflug ein voller Erfolg: Er verband auf gelungene Weise Bildung, Gemeinschaft, Unterhaltung und kulturelle Erfahrungen. Die positive Stimmung und das verantwortungsbewusste Verhalten der Gruppe trugen dazu bei, dass dieser Tag nicht nur lehrreich, sondern auch sehr angenehm und nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Wir danken insbesondere dem Förderverein für die großzügige Unterstützung dieser Tagesexkursion. (Philip Peter Q12 und Martin Krol)